Out of the box

“I don`t think inside the box.
But I don`t think outside the box either.
I don`t even know what freaking box you are talking about.”

Zu deutsch etwa:

“Ich denke nicht innerhalb der Box.
Ich denke auch nicht außerhalb der Box.
Ich weiß überhaupt nicht, von welcher verrückten Box du da redest.”


Worauf ich hinaus will, ist eine Haltung.

Beziehungsweise die Entwicklung einer Haltung in drei Schritten.

  1. Inside the box

Als Menschen werden wir groß, vom Kind zum Erwachsenen. Auf diesem Weg findet unglaublich viel Prägung statt, viele Eindrücke, die unsere Art, wir wir die Welt sehen und wie wir uns in ihr fühlen, gestalten. Das ist die Box.

Wir kennen es nicht anders. Das ist das Leben, wie wir es (kennen)gelernt haben. Und weil von innerhalb der Box nichts weiter zu sehen ist als das Innere der Box, ist das so und bedarf auch keines weiteren Hinterfragens.

Ja, man käme gar nicht auf die Idee, zu hinterfragen an diesem Punkt. Es ist, wie es ist. Bei Platon war die Box eine Höhle. Das geneigte Lesewesen mag sich am Ende dieses Artikels vielleicht mit dem von Platon niedergeschriebenen Höhlengleichnis befassen.

2. Outside the box

Dann kommt eine daher und fragt sich doch. Oder sieht sich gezwungen, aus jedweden Gründen, in Frage zu stellen. Ist es das? Ist das alles? Wo kommen diese Bilder her?

Und dieses fragende Wesen lupft den Deckel, steckt den Kopf hinaus und staunt. Da ist eine Welt außerhalb dieser Box. Da sind unglaublich viele andere Boxen außerdem. Ob da auch überall jemand drin hockt und glaubt, das sei der Weisheit letzter Schluss? Wenn es eine Welt außerhalb gibt, was bedeutet das dann für meine Box?

Plötzlich steht alles in Frage. Die Welt wird weit und hell. Und möglicherweise, ganz eventuell, hat der Mensch aus der Box den Mut, diese Welt außerhalb zu erkunden. Doch groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass das zu viel ist, zu grell, überwältigend. Dem Bekannten, vielleicht Schmerzhaften und Langweiligen, doch Vertrauten, den Rücken zu kehren und sich ins Unbekannte zu wagen. Das ist unsicher und birgt Gefahr. Und vielleicht kann der Mensch nie wieder zurück.

Aber nehmen wir einfach mal an, im Wesen Mensch schlummert nicht nur das Bedürfnis nach Sicherheit, sondern auch der Geist des Abenteuers und des Forschens. Also wagt er sich hinaus. Und er sieht und er staunt.

3. Welche Box?

Kann “Ich weiß gar nicht, von welcher Box du da sprichst” ein logischer nächster Schritt sein?

Irgendwie ja nicht. Denn aus der Box gekommen und über sie hinausgegangen bleibt die Box doch etwas, das man kennt, ein weiterer Eindruck, genauso eine Prägung. Ganz ohne Prägung kommen wir vielleicht nicht aus.

Aber wir können eine Idee generieren. Die Idee des unbeschriebenen Blattes. Vielleicht bleibt es möglich - in totaler Anerkennung des Prozesses - einen Wahrnehmnungsraum zu weiten, ihn ganz und gar zu sprengen.

Das würde bedeuten, einen Haltung einzunehmen, die sich frei macht von jeglicher Beschränkung, jeglicher Prägung. Naja, sie zumindest nicht als gegeben bereit ist, hinzunehmen. Immer offen in alle Richtungen. Der eigenen Box gewahr und der Boxen der anderen gleichermaßen. Doch eben willens, nicht mehr in sie einzusteigen. Und schon gar nicht, sie zu schließen. Stattdessen sie offen zu lassen, in der Weite zu verharren und sich in sie munter forschend auszudehnen.

Nun ist Unendlichkeit und eine unabsehbare Menge von Möglichkeiten nicht gerade das, was unser Verstand sehr schätzt. Wir bewegen uns gerne auf befestigten Straßen und ruhen in Boxen mit klar definierten und tragenden Wänden. Wir meinen, das gäbe uns Sicherheit, Ruhe und Frieden. Was aber, wenn es gerade andersherum ist? Wenn Sicherheit, Ruhe und Frieden nicht durch die Besicherung einer Box zu haben wären, sondern gerade durch die Vielheit, die unendlichen Weiten. Da, wo Verständigung stattfindet und Verbindung, da wo unschuldiges Staunen Raum einnimmt. Unvoreingenommen, sich bewusst, dass alles seinen Prozess hat und wir nie wissen, ob wir nicht einfach von einer kleinen in einen größere Box umgestiegen sind. Den Geist offen haltend, weiter fragend, und immer nochmal den Kopf ausstreckend nach noch mehr Weite. Bereit, Übereinkünfte, sogenannte Konventionen, nicht als gegeben hinzunehmen.

Die Moral von der Geschicht und darüber hinaus

Ich glaube, vorzugeben, die Box gar nicht zu kennen, ist auch nur eine weitere Box. Möglicherweise sogar eine, die enger ist als die, sich seiner Box gewahr zu sein. Sich bewusst zu sein, dass wir aus einer Box kommen, aus ihr entsteigen können - ungewiss, ob dies nicht wieder eine Box ist, der es zu entsteigen gilt - das ist eine Haltung, die uns größtmögliche Anerkennung und größtmöglichen Freiraum verschafft.

Zu sehen, woher wir kommen und uns auszurichten darüber hinaus und darüber hinaus und darüber hinaus. Mit ein wenig Selbstvergessenheit à la “ich weiß überhaupt nicht, von welcher Box du da sprichst.” Uns auszudehnen in den gesamten Kosmos. Wandelnd auf einer Erde, die Luft des Himmels atmend, beschienen von der Sonne unterm Sternenzelt wandelnd.

Was ist darüber hinaus?


Während des Schreibens kam mir eines meiner Lieblingsbilder in den Sinn, welches ich hier gerne noch mit euch teilen möchte. Es entstammt dem Werk von Camille Flammarion, L'Atmosphère: Météorologie Populaire (Paris, 1888).

„Ein Missionar des Mittelalters erzählt, dass er den Punkt gefunden hat, wo der Himmel und die Erde sich berühren …“

– Camille Flammarion: L’atmosphère, Paris 1888, S. 163

Bildnachweis: Camille Flammarion, L'Atmosphère: Météorologie Populaire (Paris, 1888), pp. 163., Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=318054

Barbara Sennert
Krafttier Faultier. Zaunreiterin. Reichlich Abenteuerlustig.

Meine Lieblingsfragen im Leben waren schon immer „Wer bin ich?“ und „Was tu’ ich hier?“.

Mein erster Blog titelte “Her mit dem schönen Leben!”.

Mit mir lässt sich gut tanzen und bis zum Morgengrauen durchquasseln über Gott und die Welt. Mit mir lässt sich auch gut wüten und zürnen. Ich mag Tacheles - offen, ehrlich und gerade heraus. Auf jeden Fall ist mit mir gut ankommen. Nicht erst, wenn... dann… Sondern jetzt gleich hier!

https://www.bq-sennert.de/barbara-sennert
Zurück
Zurück

Es ist, was es ist, sagt die Liebe

Weiter
Weiter

Satsang vorm Sonnenaufgang