Mindset - ein Konzept

Neulich komme ich an diesem Bild vorbei: Ein Goldfisch mit einer umgeschnallten Haifischflosse und da steht „Mindset is everything“.

Wer mich kennt weiß, ich bin keine große Freundin von Konzepten und Methoden. Die funktionieren nicht. So auch die Mindset-Geschichte. Ich zerreiße das Thema gerne einfach mal in der Luft und puste dann rein. Als Konfetti taugt das.

Also legen wir los. Zerlegen wir Mindset in seine Einzelteile.

Du kannst dir die größte und bedrohlichste Haifischflosse umschnallen und bleibst immer noch ein fucking Goldfisch. Putzig, leuchtend, klein. Außerdem: Wen willste beeindrucken in deinem Süßwasserteich mit einer Haifischflosse, du Goldfisch? Und was am fundamental wichtigsten ist:

Was zur Hölle ist nicht in Ordnung am Goldfischsein?

Mindset ist so bisschen wie Manifestieren. Klar kannst du dir tolle Sachen ausdenken und dran eine mords Freude haben. Aber warum um alles in der Welt willst du jemand anderes sein, als du bist. Und noch viel bekloppter: Warum bist du bereit, der Welt vorzumachen, du seist wer anders?!

Was um alles in der Welt ist mit dir nicht in Ordnung?

Und bevor du jetzt Luft holst, halt die gleich mal wieder an. Kann mir schon denken, dass du Antworten auf diese Frage hast, aber hier und jetzt gehen wir mal schön davon aus, mit dir ist alles ok. Selbst, dass du das anders siehst, macht dich in keinster Weise verkehrt.

Aber Achtung, jetzt wird es kurz ungemütlich:

Wenn du nicht voll und ganz anerkennen kannst, die du jetzt bist, woher du gekommen bist, welche Narben du mit dir rumträgst und die Pfunde, die du kaschierst, kannst du direkt abhaken, dass sich irgendwas in deinem Leben je verändert – also zum Guten meine ich.

Du baust dir einen Workaround um den nächsten, um ja nicht fühlen zu müssen, im Spiegel nicht so genau hinsehen zu müssen. Bemalst deine Welt mit Schminke, so kannst du alles in schön sehen – der Satz in dem Kontext wird einem meiner Lieblingslieder von Mine jetzt nicht gerecht, sorry.

Du funktionierst durch den Tag und heulst zu Hause das Kissen voll. Dein Insta Account ist fresh, aber dir stinkts schon lange.

Stimmt was mit deinem Mindset nicht, oder? Bist du nicht gut genug organisiert, kannste nicht gut für dich selbst sorgen, für andere dagegen so super, dass du gar nicht mehr weißt, bist du Mensch oder Maus.

Denn egal, welches fulminante Mindset du dir da zurechtlegen magst, du baust auf einem Fundament, welches heißt „ich bin so nicht in Ordnung“. Kannste auch auf Sand bauen.

Im Cambridge Dictionary online steht unter „to set/put your mind to something“

„to decide you are going to do something and to put a lot of effort into doing it:

If you'd just put your mind to it, I'm sure you could do it.“

Was soviel heißt wie: Du entscheidest dich dafür, etwas zu tun und dann betreibst du ordentlich Aufwand, das dann auch zu machen. Wenn du dich nur richtig darauf ausrichtest, dann bin ich sicher, du kannst es schaffen.

Hab ich mir nicht ausgedacht. Steht da.

Kennst du das noch: „You can make it if you really want. But you must try, try and try, try and try. You`d succeed at last.“ Cliff Richards aus den fulminanten 70ern. Noch vor dem elenden Motivation-Selbstoptimierungs-Boom der 80er, 90er, 00er und dem besten von heute.

Lies doch nochmal die Definition, bitte. Merkst du das auch? Mindset ist Arbeit. Als ob du davon nicht schon genug hättest. Lohnarbeit, Care-Arbeit, Hausarbeit. „Das bisschen Haushalt macht sich von allein…“

sorry, mein Hirn… wohl nicht ordentlich ausgerichtet, das Ding.

Mindset. Da musst du dich ausrichten auf was und dann deine Gedanken, deine Handlungen, deinen Kalender, dein ganzes Leben entsprechend. Klingt irgendwie anstrengend? Ist es auch. Aber kein Problem, dafür gibt es Motivationstrainer. Große Speaker, die große Hallen füllen. Die feuern dich dann an. Musst du nur regelmäßig hingehen. Dranbleiben! Ist aber auch kein Thema. Das Angebot ist wirrsinnig groß. Gehst du hin, bist Feuer und Flamme, kannst die Euphorie in deine Adern pulsieren fühlen. Yeah! Chakka!

Und dann kommt der Lagerfeuereffekt. Solange du am Feuer hockst, ist es lauschig warm. Was passiert aber nun, wenn du dich vom Feuer weg bewegst? Was passiert, wenn du dem Feuer eine Weile ferngeblieben bist? Klar, oder? Es wird kalt. Vom Feuer bleibt noch eine Erinnerung. Aber die Empfindung, das Erleben, das ist rum. Gibt dann zwei Möglichkeiten in diesem Szenario: Du gehst dich wieder anfeuern lassen. Oder du entfachst dein eigenes Feuer und hältst das am Laufen. Beides ist aufwändig. Und beides suggeriert, es bräuchte ein Feuer. Hast du dich in der Zwischenzeit schon mal gefragt, ob du überhaupt ein Feuer willst?

Und ist dir eigentlich schon mal in den Sinn gekommen, dass in dir längst ein Feuer brennt und du gar nichts und niemanden dafür brauchst, das zu entzünden. Möglicherweise ist dir das in dem ganzen Trubel a.k.a. Leben irgendwie entgangen. Vielleicht ist es auch ein bisschen erstickt unter Erwartungshaltungen und Vorstellungen und dem Leben anderer Leute. Aber ich könnte schwören, ganz aus ist es nicht.

Sei ein verdammter Goldfisch.

Schnall dir nicht ständig eine saumäßig ungemütliche und unpassende Haifischflosse um. Und hör auf, Richtung Meer zu schwimmen, weil dir jemand erzählt: Du schaffst das, du musst es nur wirklich wollen. Das Meer ist SALZWASSER! Das ist nicht das Umfeld, in denen Goldfische gedeihen – auch nicht, wenn sie die Haifischflosse satteln!

Schau dich doch mal an. Du bist sensationell, einzigartig, wundervoll, superkalifragilistischexpialigetisch. Du bist der schönste Goldfisch im Teich. Und der einzige, der dir das nicht abkauft, bist vermutlich du. Das gilt übrigens für die sieben anderen Goldfische, die sich den Teich mit dir teilen, auch. Du würdest dich wundern, wie viele Goldfische es da draußen gibt, die so tun, als wären sie ein Hai, weil sie meinen, dann wären sie ein besserer Fisch.

Du bist schon das Beste.

Fühlt sich gerade nicht so an? Ok. Kommt vor. Aber ziehe es doch vielleicht einfach mal in Betracht. Wenn du schon so tun willst, als ob, dann lass die Mühen los. Lass dich mal in Ruhe. Tu mal so, als ob alles ok wäre. Wie viel leichter ist das, als auf Biegen und Brechen einem irgendwie gearteten Ideal zu entsprechen? Und wo kommt diese irrwitzige Vorstellung von irgendeinem Ideal überhaupt her? Was, wenn für dein Leben genau du das Ideal bist? Und was, wenn ideal nicht gleich heißt „perfekt“, sondern einfach passend. Für jetzt.

Ich mag es, sich auszurichten. Das ist nicht das Thema. Die Frage ist, worauf richtest du dich aus? Was ist dein „true north“, wo zeigt deine Kompassnadel hin, wenn du still sitzt und nichts tust? Und das tut sie ganz von allein. Und insgeheim weißt du das alles auch, geliebter Goldfisch ;)

Liebe ohne Ende,

Barbara


Hi! Ich bin Barbara, systemische Coachin und philosophische Praktikerin, und ich begleite Menschen durch Krisen, Zweifel, Träume und verrückte Ideen – systemisch.

Melde dich gerne und wir vereinbaren einen Termin.


Picture Contribution to Totti, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons

Barbara Sennert
Krafttier Faultier. Zaunreiterin. Reichlich Abenteuerlustig.

Meine Lieblingsfragen im Leben waren schon immer „Wer bin ich?“ und „Was tu’ ich hier?“.

Mein erster Blog titelte “Her mit dem schönen Leben!”.

Mit mir lässt sich gut tanzen und bis zum Morgengrauen durchquasseln über Gott und die Welt. Mit mir lässt sich auch gut wüten und zürnen. Ich mag Tacheles - offen, ehrlich und gerade heraus. Auf jeden Fall ist mit mir gut ankommen. Nicht erst, wenn... dann… Sondern jetzt gleich hier!

https://www.bq-sennert.de/barbara-sennert
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