Glücklich werden wirst du nicht
Ne, is nich drin. Werden ist in glücklich nicht inbegriffen. Für werden ist Glück unerreichbar.
Entweder du bist glücklich oder du bist es nicht. Wenn du es gerade nicht bist und werden willst, dann heißt das ja, du brauchst noch irgendetwas zu deinem Glück. Du wärst erst dann glücklich, wenn…
… deine Partnerperson mal bisschen aufmerksamer wäre
… deine Eltern nicht immer an dir rumnörgeln würden
… dein Job besser bezahlt wäre oder du im Lotto gewinnen würdest – oh ja!
… dein Chef nicht so ein unfähiger Tyrann wäre und deine Kollegen so… na, Kollegen halt
… das Wetter mal nicht zu heiß oder zu kalt oder zu regnerisch genau am Wochenende wäre
… deine Kinder dich endlich mal würdigen würden
… die Politiker aufhören würden zu lügen
… du mutiger wärst oder schlanker oder sportlicher
… oder was weiß ich
An jedem wenn, dann… hängt ein garstiges Unwesen:
Das Gegenteil von Glück. Kcülg, sozusagen.
Wenn es noch etwas braucht zum Glück, dann kann es nicht gleichzeitig da sein. Logisch, oder. Kennt noch wer hier Herr Rossi sucht das Glück? Franco Godi textete weise seinerzeit:
„Denn Herr Rossi sucht das Glück
Sucht man es, so fehlt ein Stück
Ja, es fehlt ein Stück vom Glück“
Du wirst nicht irgendwann glücklich. Und fang gar nicht erst an zu suchen.
Am Ende findest du nämlich noch mehr Gründe und Dinge, die erst noch passieren müssen, damit zu endlich glücklich sein kannst.
Selbst wenn du erreicht hast, wonach du da gesucht hast. Ich gehe Wetten zu hohen Beträgen ein, dir fällt was Neues ein, warum du nicht gerade jetzt sofort wunschlos glücklich sein kannst und du kannst auch gleich mitliefern, was es noch braucht, dass du das endlich werden kannst – also glücklich.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist außerdem auch irgendwer oder die wirtschaftliche Lage oder der Krieg und der Hunger in der Welt oder wenigstens du, die du nicht gut genug bist oder nicht diszipliniert genug oder nicht genug auf irgendeine Wiese, schuld. Irgendwas oder irgendwer ist immer schuld daran, dass gerade einfach nicht der richtige Zeitpunkt ist, glücklich zu sein.
Machen wir uns nichts vor: Das Leben schreibt grausame Geschichten.
Jeder kennt die und viel zu viele von uns haben sie am eigenen Leib erlebt. Aber! Das darf doch nicht ein ganzes schönes Leben lang Gründe liefern, dich selbst nicht mit Glück zu bedenken! Darf es nicht!
Hier an genau dieser Stelle lade ich dich ganz herzlich ein zu einem Moment. Die Tür steht sperrangelweit offen und du kannst jederzeit wieder zurück. Die Schuld bleibt vor der Tür stehen. Die Scham kannst du auch gleich da lassen, die verstehen sich eh gut, die beiden, dann haben die schon mal Gesellschaft. Vielleicht hast du noch Schmerz und Leid im Gepäck, die du mit den beiden draußen lässt. Die kannst du alle nachher wieder abholen, wenn du magst.
Verschwende nur kurz diesen einen Gedanken:
Wäre keiner oder nichts je Schuld an deiner unglücklichen Misere – auch und schon gar nicht du – und müsstest du dich für gar nichts schämen und vor nichts fürchten, dann bestünde die Möglichkeit, du könntest einfach so glücklich sein. Jetzt sofort und unmittelbar.
Kurios, ich weiß.
Du könntest da sitzen und nichts tun als atmen und es wäre dem Glück genug. Dem Glück ist es eh ganz und gar wurscht. Ist doch abstrakt. Ist ein Begriff und kann gar nix für jedwede unglückliche Lage.
Aus irgendwelchen Gründen haben die Menschen eine völlig überhöhte Erwartungshaltung ans Glück. Das Glück erwartet von uns überhaupt gar nichts. Wirklich nicht. Das Glück sitzt da und ist glücklich.
Greif zu. Pack das Ding und kuschle es, was das Zeug hält. Es war nicht mal weg. Nie. Es war die ganze Zeit da. Und es harrt auch noch länger geduldig der Dinge, bis du einsiehst, dass du glücklich nicht erst werden musst – ja gar nicht kannst.
Du kannst sogar Schuld und Scham und Eifer und Erwartung und Groll und Ärger und Frust und Schmerz und Leid und so weiter wieder abholen und mitnehmen und trotzdem glücklich sein. Das geht. Nur so geht das.
Glücklich wirst du nicht wenn, dann… niemand wird das.
Und jeder hat diese fiesen Geschichten und diese garstigen Gedanken und Gefühle. Das alles hat mit Glück und glücklich glücklicherweise gar nichts zu tun. Zumindest ist das eine vom anderen nicht abhängig.
Schau doch, wie schön!
Liebe ohne Ende,
Deine Barbara