Eifersucht
Auf eifriger Suche nach der Sucht.
Das hier ist kein 5-Punkte Plan, wie du der Eifersucht entkommst. Das hier ist eine literarisch-lyrische Annäherung an ein Gefühl und eine überraschende Wendung.
Ob das jetzt berechtigt ist, eifersüchtig zu sein oder nicht, das sei mal dahin gestellt. In dem Moment, wo es dir den Magen zusammenzieht und dein Gehirn fickt, ist es real.
"Dinge leicht wie Luft sind für die Eifersucht Beweis, so stark wie Bibelsprüche.“
Das entstammt der Feder Shakespeares in dem Stück Othello.
Woher das rührt, dieses Gefühl der Eifersucht?
Das weißt du.
Da ist Angst. Angst, dass etwas, vor dem es dir graut, geschehen könnte. Oder dass sich etwas, das schon einmal geschehen ist, wiederholt. Da ist Angst vor dem Alleinsein – und schlimmer noch: vor dem allein gelassen werden. Vor dem verletzt werden, vor dem übergangen werden.
Da ist eine Erfahrung von „ich bin es nicht wert“ und „ich bin nicht gut genug“, von „andere sind immer besser“ und „ach, wer bin ich schon“. Da ist die Erfahrung, allein gelassen worden zu sein.
Da ist der Wille, etwas festhalten zu wollen – und sei es nur die romantische Vorstellung von etwas, das schon längst nicht mehr stattfindet und vielleicht gar nie stattgefunden hat. Da ist der Wille zur Kontrolle und zur Machtausübung und diese unglaubliche Sehnsucht nach Sicherheit. Diese fixe Idee, man könne jemanden wirklich besitzen, ganz für sich allein, und damit alle möglichen Unannehmlichkeiten ausschalten. Ein gar eifriges Bemühen mit einem bitteren Beigeschmack.
Und schließlich ist da ein Talent. Das Talent, sich in seinen Gedanken zu verzetteln. Das Talent, so sehr glaubwürdig zu sein in den eigenen Vorstellungen.
Was es auslöst und was es hinterlässt,
das kennst du auch. Es ist diese ewige Unsicherheit. Es ist der bodenlose Zweifel. Es ist der fade Beigeschmack eines schwelenden Konflikts, der schon stinkt – aber besser redet keiner darüber, dass es stinkt. Am Ende macht man noch ein Fass auf. Und dann? Nein, nein, besser geht man kein Risiko ein. Bleib besser bei der Wut und der Trauer. Wenigstens die sind vertraut. Zum aus der Haut fahren vertraut.
Es soll gerechtfertigt sein, dein Empfinden. Doch was, wenn es das wirklich ist?
Eine Zwickmühle, die sich um sich selbst dreht.
Und in dem Prozess der Eifersucht verliert man auf dem Weg ganz sich selbst.
Will doch nur geliebt werden. Bekommt aber nicht, was man will.
Will sich doch nur sicher fühlen. Vermutet aber hinter jeder Ecke lauernd die Gefahr, dass einem entrissen wird, was man doch so sehr braucht, das einen vor Liebe verzehrt.
Will doch nur.
Suchst danach, eifrig.
Dieser Schmerz. Und ihn gleichermaßen vermeiden wollen.
Das zerreißt. Und dann steht man da wie ein Bettler, in Lumpen gehüllt, bedürftig, traurig, in Angst. Hat nichts mehr zu geben, mit Augenringen. Jedes Vertrauen ersoffen im Tal der Tränen und verbittert von Groll.
In dieser Wahrheit badend bleibt nichts mehr von dir übrig. Du bist es nicht wert. Du bist einfach nicht genug. So beweist du es wieder und wieder. Ob nur in deinem Kopf oder aus einer handfesten Erfahrung gerührt, das bleibt gleich. In dem Moment, wo es dir den Magen zusammenzieht und dein Gehirn fickt, ist es real. Das ist deine Wahrheit. Und sie bewahrheitet sich in Ausmaßen. Wenn auch nur in deinem Kopf. Du musst vorsichtig sein. Du musst aufpassen. Du musst Maßnahmen ergreifen. Du musst dich absichern. Bis unter die Zähne bewaffnet wirst du unberührbarer. Die Finger verbrennend hitzig.
Die Todfeindin der mit Eifer Süchtelnden nach Bestätigung des eigenen Unwerts und der Angst vor dem Verlassenwerden
ist keine geringere als die Vertrautheit. Es ist die höchst selbige, die dich auch in den Schlamassel hinein manövriert hat. Du drehst deine Schleifen in diesen Gedanken wieder und wieder, weil sie dir vertraut sind. Und sie sind dir vertraut, weil du munter deine Schleifen drehst. Vielleicht haben sie sich schon bestätigt. Auf jeden Fall hast du sie – gleich einem Theaterstück – schon sehr häufig geprobt und wieder und wieder wiederholt, bis du dich im Schlafe aufführen kannst, ganz aus dem Effeff.
Und auf einmal, in einem Moment der Entspannung oder im Atemzuge einer allzu absurden Szene, die sich da gerade abgespielt hat, klopft eine Frage an die Innenseite deiner Stirnwand. Klopf klopf!
„Hör mal“, sagt sie, „nur weil es dir vertraut ist, ist es deswegen denn auch wahr?“
Und da hältst du inne.
Hier ist sie, die überraschende Wendung. Überraschungen, so vermute ich, kannst du ganz und gar nicht leiden. Denn Überraschungen sind prädestiniert dafür, am besten vom Schlechtesten auszugehen, was da mutmaßlich auf einen zukommen könnte. Ja, das könnte sein. Da hast du Recht. Und im Gleichklang könnte es auch sein, dass es sich um eine überraschend glückliche Wendung handelt.
Die Ironie ist, dass du es nicht herausfinden wirst, wenn du es nicht wagst, es als solche wenigstens anzunehmen. Und vielleicht pfeifst du für einen Moment mal aufs Recht behalten. Auch kein leichtes Unterfangen,
ist doch Recht behalten essentieller Bestandteil einer erfolgreichen Eifersucht.
Ok. Ich wiederhole besser noch einmal die Frage, bevor wir uns hier verzetteln.
Sie ist gewitzt, die alte Geschichte der Vertrauten Eifersucht.
Sie findet Schlupflöcher, überall.
Die Frage! Die Frage! Ich bitte dich, die Frage! Jetzt!
„Nur weil es dir vertraut ist, ist es denn deswegen auch wahr?“
Kannst du dir dessen absolut sicher sein? Immer und ganz ohne die geringste Aussicht auf einen völlig unerwarteten Ausgang? Ganz bestimmt und über jeden Zweifel erhaben? Könnte denn nicht die geringste aller Möglichkeiten bestehen, dass es auch anders sein könnte, als du es für möglich hältst? Vielleicht? Ganz eventuell vielleicht?
Hallo, zartes Pflänzchen. Willkommen zurück.
Wie geht es dir heute?
Die Vertrautheit überschüttet dich. Mit Möglichkeiten.
"Was heißt 'zähmen'?", fragte der kleine Prinz. "Das ist eine in Vergessenheit geratene Sache", sagte der Fuchs. "Es bedeutet: sich 'vertraut machen'." - "Vertraut machen?" - "Gewiß", sagte der Fuchs. "Du bist für mich noch nichts als ein kleiner Knabe, der hunderttausend Knaben völlig gleicht. Ich brauche dich nicht, und du brauchst mich ebenso wenig. Ich bin für dich nur ein Fuchs, der hunderttausend Füchsen gleicht. Aber wenn du mich zähmst, werden wir einander brauchen. Du wirst für mich einzig sein in der Welt. Ich werde für dich einzig sein in der Welt . . ."
- Antoine de Saint Exupery, Der Kleine Prinz
Die Eifersucht ist ein Zustand unter hunderttausend Zuständen.
Du brauchst sie nicht und sie braucht dich ebenso wenig. Aber wenn du sie zähmst, ...
Und was, wenn du wählen könntest unter hunderttausend Zuständen? Was würdest du dir dann vertraut machen wollen?
Alles Liebe,
Deine Barbara
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Lady with a Gun - Gallila-Photo via Pixabay
Plant reaching through concrete - Picture Credits to Pascal Meier via Unsplash